22. Juli 2022

Wie werden Spitäler «smart»?

Im Innosuisse-Flagship-Projekt SHIFT wird das «Smart Hospital» der Zukunft entwickelt. Seit der Lancierung im Dezember 2021 vertritt POLYPOINT das Teilprojekt D.3 «Bedarfsorientierte flexible Personalkapazitätssteuerung im Spital». Die aktuellen Herausforderungen unserer Praxispartner stehen dabei im Zentrum der Überlegungen und Aktivitäten.

Eine automatisierte Personalplanung in Spitälern basiert in der Regel auf Durchschnittswerten. Die Qualität einer guten Schichtplanung ist dabei erfahrungsgemäss stark abhängig vom subjektiven Empfinden und den Skills der ausführenden Shift Planner.

POLYPOINT verfolgt aktuell die Entwicklung einer systemischen Lösung, die sich entlang der Leistungsplanung orientiert. Um die Balance der harten und weichen Einflussfaktoren auf die Schichtplanung zu nivellieren, setzt das Team von POLYPOINT auf eine kundenzentrierte Perspektive. Und vertieft damit die bestehende Situation und die aktuellen Herausforderungen im Rahmen des Planungsprozesses von Leistungserbringern im Gesundheitswesen.

So wurden in der ersten Phase des SHIFT-Teilprojektes D.3 «Bedarfsorientierte flexible Personalkapazitätssteuerung im Spital» die Ergebnisse aus qualitativen Interviews mit den Spitalverantwortlichen in der Pflege beleuchtet. Die praxisorientierte Sichtweise zeigt: Die Herausforderungen sind vielfältig. Durchgängig ist jedoch ein deutlicher Pain als gemeinsamer Nenner erkennbar: Der zeitliche Aufwand für die Erstellung und Pflege der Schichtplanung ist auch mit den heute gängigen Standards zu hoch.

 

Folgende Erkenntnisse gehen aus unserer Umfrage unter den Praxispartnern hervor:

1. Generelle Einflussfaktoren auf einen effektiven Planungsprozess:
  • Aufgrund der hohen Komplexität einer Schichtplanung sind die verantwortlichen Shift Planner im Schnitt mindestens einen Tag pro Woche mit der operativen Planung beschäftigt. Präferenzen der Mitarbeitenden, die Einhaltung rechtlicher, betrieblicher und pflegerischer Anforderungen sowie die Dimensionen der Flexibilisierung sind dabei Kriterien, die von den Planenden miteinbezogen werden müssen.
    Sehen Sie sich dazu auch unser weiteres Innosuisse-Projekt «Intelligente und Partizipative Dienstplanung» an.
  • Der bestehende und zunehmende Personalmangel in den Pflegeberufen ist ein weiterer wesentlicher Faktor hinsichtlich des zeitlichen Aufwands. Kurzfristige Ausfälle generieren Mehraufwand, da die Ausfälle meist durch eine aufwendige Koordination der Planenden selbst gedeckt werden. Und zwar über die direkten, oft auch persönlichen Anfragen von Ersatzpersonen.
  • Die Megatrends New Work und Konnektivität fördern neue Arbeitsmodelle. Dies entspricht einem drängenden Bedürfnis nach flexibleren Möglichkeiten bei den jüngeren Generationen unter den Arbeitnehmenden. Zusätzlich erhöht es aber auch die Komplexität in der manuellen Planung. Neben Präferenzen, die Health Professionals berücksichtigt wissen möchten, müssen die Planenden die grundsätzlichen Verfügbarkeiten der Pflegefachpersonen für die einzelnen Schichten beachten.
    • Kennen Sie den Ansatz eines partizipativen Workforce Managements? Mehr lesen.
  • Für die Einteilung der richtigen Personen in der Schichtplanung ist der Komplexitätsmix ein wichtiges Kriterium. Nicht nur die blosse Anzahl an Fällen/Patienten, sondern auch deren Charakteristika wie BMI, Sucht oder Pflegegrade der Pflegeempfänger u.a. haben Auswirkungen auf die Personalbedarfe in den entsprechenden Schichten.

 

2. Spezifische Einflussfaktoren auf eine bedarfsorientierte Schichtplanung:
  • Vor allem in Akutspitälern sind Schwankungen in der Auslastung bei Notfalleintritten, aber auch bei geplanten Behandlungen eine Herausforderung für die bedarfsgerechte Personalplanung.
  • Die Personalbudgetierung ist heute betriebswirtschaftlich motiviert. Zu starre Budgets verhindern eine bedarfsgerechte, flexible Personaleinsatzplanung, weil Temporärkräfte und Mitarbeitenden-Pools häufig nicht eingepreist werden. In der Realität werden diese oft über das Krankentaggeld querfinanziert und entstehende Mehrkosten sind im Nachgang zu rechtfertigen.

3. Neben diesen allgemeinen und spezifischen Einflussfaktoren auf die Schichtplanung benennen die Praxispartner in der kundenzentrierten Befragung auch konkrete Needs:
  • Anzahl und Kompetenzen der Mitarbeitenden
  • Tool für automatisierte Personaleinsatzplanungen mit Berücksichtigung von Präferenzen/Urlaub
  • Bessere Prognoseunterstützung
  • Neuere Rollen im Spital wie ein/e Planungskoordinator/-in
  • Glättung der Auslastungsschwankungen zur besseren Planbarkeit
  • Realistischere Pflegebudgets durch das Spitalmanagement

 

Wie begegnen die Praxispartner diesem Status quo?

Aufgrund obiger Erkenntnisse wollte POLYPOINT von den Praxispartnern wissen, welche Massnahmen bereits ergriffen wurden, um den genannten Herausforderungen entgegenzuwirken. Und ob sich unter diesen eventuell Ansätze für ein praxisnahes Tool finden.

  • Attraktivere Arbeitsbedingungen durch Massnahmen wie neue Schicht- und Arbeitszeitmodelle, gerechte Modelle, Optionen für flexible Pensen usw. wirken sich zwar auf die Komplexität der Planung aus. Deren Einsatz lohnt sich dennoch, um dem Personalmangel und den Bedürfnissen der aktuellen Zeit zu begegnen.
  • Vereinzelt wird separate Kapazitätsplanungs-Software zur bedarfsgerechten Prognose und Personaleinsatzplanung eingesetzt.
  • Vor allem für kurzfristige Personalausfälle werden vermehrt Personal-Pools oder Temporärkräfte eingesetzt. Einzelne Spitäler mit einer schwankenden Auslastung nutzen diese Optionen, um eine bedarfsgerechte, flexible Personaleinsatzplanung zu erstellen.
  • Vereinzelt werden auch Massnahmen zur Glättung der Auslastungsschwankung getroffen. Zum Beispiel Synchronisierung der OP-Planung, Zuweisermanagement, Verweildauermanagement usw.
  • Teilweise führen Spitäler Befragungen der subjektiven Arbeitsbelastung bei den Pflegefachpersonen durch, um Hinweise zur bedarfsgerechten Personaleinsatzplanung zu erhalten.

 

Welche Potenziale sieht POLYPOINT für die weitere Entwicklung?

Der Bedarf einer zeitschonenderen Planung ist latent spürbar. Um die Schichtplanung entlang der Leistungsplanung vorzunehmen, müssen die grundlegenden Einflussfaktoren und das Individualwissen der Shift Planner berücksichtigt werden. Diese Basis schafft die Möglichkeit zur bedarfsorientierten Personalkapazitätssteuerung und sorgt für einen effektiven Planungsprozess. Gleichzeitig schafft sie eine neue Art von Transparenz dank erweiterten Kennzahlen.

Weitere Potenziale, die es zu entfalten gilt:

  • Transparente Kapazitätsauslastung
  • Ermöglichen von kürzeren und dynamischeren Planungsprozessen
  • Sichtbarkeit der Einflussfaktoren über die Auslastungsschwankungen
  • Abgeleitete Musterbildung als Basis für Vorhersagen der Auslastung
  • Vorhersagen von mittelfristigem Personalbedarf
  • Vorhersage der Anzahl fixer und flexibler Personalkapazitäten und Pool-Grössen

Das Team von POLYPOINT freut sich auf die nächsten Schritte im Teilprojekt D3 von SHIFT: das Studiendesign und die Validierung des Vorgehens mit den Spitalverantwortlichen. Stay tuned.

 

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